Wahnsinns Aussicht! Die erste Skitour der Saison am Kaunertaler Gletscher

Die ersten Meter sind anstrengend. Ich atme schwer. Dabei sind wir noch gar nicht weit gekommen. Trotzdem merke ich die ungewohnte Bewegung in den Beinen. Die erste Skitour der Saison führt am Kaunertaler Gletscher am Pistenrand hinauf. Wir tauchen unter Schneekanonen hindurch, laufen zwischen Felsen am Rande der Abfahrt entlang und legen am Ende die letzten Höhenmeter doch noch mit der Seilbahn zurück. Die fährt ja schließlich auch schon …

 

Auffahrt durch’s Winterwunderland

Meine Augen kleben auf der Straße. Springen hin und wieder auf die Baumwipfel rechts und links. Alles ist weiß und sieht höchst winterlich aus. Kurve um Kurve schlängeln wir uns nach oben und spätestens am Gepatschspeicher weiß ich wieder, warum die Kaunertaler Gletscherstraße zu meinen Lieblingsstraßen in Österreich gehört. Aufsteigende Nebelschwaden umgeben den ruhig daliegenden Stausee. Wir halten an. Steigen aus. Kalte Luft schlägt mir entgegen. Ich schlinge die Arme um den Körper. Doch Kälte hin oder her: Ein Foto muss trotzdem gemacht werden.

Ohne Wachs kleben die Felle besser

Weiter oben, am Parkplatz, streiche ich über den Belag meines Skis. Wie immer hab ich die gut gemeinten Ratschläge nicht befolgt. Anders als die Fachleute es empfehlen, hat mein Ski nicht über den Sommer hinweg eine dicke Wachsschicht zur Pflege erhalten. Aber ohne frisches Wachs halten die Felle doch eh viel besser, oder? Man kann sich wirklich so gut wie alles Schönreden. Die Felle kleben zumindest tatsächlich anstandslos. Wenige später bin ich Abmarschbereit. Es kann losgehen.

Von Schuldzuweisungen und Eingeständnissen

Noch bin ich motiviert. Lege beschwingt die ersten Schritte zurück. Doch die Euphorie hält nicht lange. Nach nur wenigen Metern machen sich die Beine bemerkbar. Was ist denn da los? An der Ausrüstung kann’s nicht liegen. Die Felle kleben schließlich bombenfest und liefern so an sich auch eine ganz passable Performance ab. Auch die neuen Skitourenschuhe sitzen bequem und sind leicht. Okay, vielleicht kann ich die Schuld nicht abschieben. Es liegt wohl ganz einfach an meiner physischen Verfassung. Manche Sachen kann man wohl doch nicht Schönreden.

Ein Hindernisparcours im Aufstieg

Die Kondition ist nicht die einzige Schwierigkeit. Auch die Schneekanonen machen den Aufstieg zum Hindernisparcours. „Die können wir umgehen,“ hab ich am Anfang noch ganz optimistisch gedacht. Doch der starke Wind pustet den produzierten Schnee in alle Richtungen. An meinen Haaren wachsen Eiszapfen. Schnee dringt von oben in den Jackenkragen ein und läuft langsam kalt den Rücken hinunter. Ja. Über uns scheint die Sonne und wir steigen gefühlt trotzdem bei den widrigsten Witterungen nach oben.

Kein Grund für schlechte Laune

Die gute Laune bleibt von all dem zum Glück unberührt. Böse bin ich trotzdem nicht, dass wir die letzten Meter bis zum höchsten Punkt des Skigebiets zum Karlesjoch (3.108 m) mit der Bahn zurücklegen. Ich strecke die Beine aus, massiere die Oberschenkel und packe dann den Helm aus. Die Gondeln schützen vor dem beißenden Wind. Hier oben herrschen nämlich Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Dennoch beeilen wir uns nicht, wieder runter zukommen.

Eine Aussicht wie aus dem Bilderbuch

Die Aussicht ist der Wahnsinn. Vor mir liegt ein Wolkenmeer. Nur die höchsten der umliegenden Gipfel schauen heraus. Die Spitzen der Bergriesen sind weiß angezuckert. Die Sonne taucht das Bild in ein warmes Licht. Wir klettern noch ein Stückchen höher. Bis zu einer Bank mit Blickrichtung nach Italien. Hier, am höchsten Punkt des Skigebiets. Hier, an der Grenze zwischen zwei Ländern. Hier, über den Wolken ignoriere ich kurz die kalten Finger. Ich atme aus. Wölkchen bilden sich vor mir in der Luft. Es hat sich gelohnt!

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